Er hat bereits 10 Jahre auf dem Buckel: Der Annabelle Award.
Der Award in Form eines Praktikums bei einem renommierten Designer wurde bereits neun Mal vergeben. Zu den Praktikumsgebern gehörten Modegrössen wie Tommy Hilfiger, Wolfgang Joop, Roberto Cavalli und Barbara Bui. Dieses Jahr holt sich abermals eine französische Designerin, nämlich Anne Valérie Hash, eine Praktikantin oder einen Praktikanten ins Haus.
„Zuerst einmal erwarte ich eine klare Meinung, das ist das Wichtigste“
Um Fuss in der Modewelt zu fassen braucht man neben einer guten Ausbildung auch Startkapital. Doch dieses sollte man nicht nur materiell sondern auch immateriell zur Verfügung haben in Form von Wissen. Dieses erhältman am einfachsten während Praktika, wie sie auch die diesjährige Annabelle Award-Ausstellerin Anne Valérie Hash einst bei Lacroix, Dior, Chanel und Chloé durchlief. In einem Interview erwähnt sie, dass es natürlich an Leidenschaft und Herzblut für die Arbeit im Modebusiness nie fehlen dürfe, doch sie von ihrer Praktikantin oder ihrem Praktikanten noch mehr fordere: „Zuerst einmal erwarte ich eine klare Meinung, das ist das Wichtigste. Und dann, so finde ich, ist heute auch ein Gespür für die Realität des Marktes nötig – sonst ist man verloren.“
Denn ihren eigenen Erfolg erlangte Anne Valérie Hashs, die in Paris aufgewachsene Tochter eines Marokkaners und einer Tunesierin auch nicht durch, sonst von Designern gewohnte, Allüren und Klotzerei. Beispielweise ist sie trotzt der Aufnahme in die Liste der Haute-Couture-Häuser, im 2008, auf dem Boden geblieben und produziert lieber Prête-à-porter-Mode als Laufsteg-Bekleidung. „Man muss Kleider machen die tragbar sind – gerade als Kleines Label“, räumt Hash bei der Frage nach ihren derzeitigen Kollektionen ein. In einer Zeit in der die Mäzene immer weniger werden und Haute Couture vor allem eine Frage des Geldes wird, kann man ihr diesen Entschluss kaum verübeln. Gerade wenn man bedenkt, dass Anne Valérie Hash seit ihrer Labelgründung vor 12 Jahren immer selbständig den Laden führte, obwohl gerade in Punkto Startkapital ein Partner oder eine Partnerin sehr viel mehr Sicherheit geboten hätte.
Mittlerweile habe sie schon einige Angebote von grossen Modehäusern erhalten, doch noch will sie den Laden nicht verkaufen, obwohl sie ihre Mitarbeiterzahl von 20 auf 10 halbieren musste. Den Gewinner oder die Gewinnerin des Annabelle Awards dürfte diese Tatsache jedoch nicht erschrecken, da solch ein Kleinbetrieb auch etliche Vorteile liefert: „Wir sind ein gutes, fröhliches Team, jeder kennt jeden, alle machen alles.“ Weiter erklärt Hash im Interview: „Bei mir kann man an allen Prozessen teilhaben. Das geht nur bei kleinen Labels“.
Von der Garçon-Mode zum gewagten Stilmix
Während Anne Valérie Hashs erste Kollektionen von harten, männlichen Schnitten geprägt waren, was sie selbst mit dem Verlust ihres Vaters nach der Scheidung der Eltern begründet, sind ihre heutigen Stücke weiblicher und sinnlicher. Dies entschuldigt sie ebenfalls damit, dass sie Mutter geworden sei und man dadurch einfach weicher werde. Geblieben sind jedoch trotz femininer Eleganz, die sich in transparenten Oberteilen und körperumspielenden Overalls zeigt, auch eine Prise Burschikosität. Hash spielt gerne mit eckigen Figuren, schlicht geschnittenen Anzugshosen und kombiniert Roben mit flachen Halbschuhen. Ebenfalls fällt auf, dass kalte Farben wie Schwarz, Weiss und eisiges Hellblau in der aktuellen Kollektion dominieren. Bunte Farben, wie man sie zurzeit in anderen französischen Kollektionen antrifft: Fehlanzeige. Dies bestätigt Anne Valérie Hashs Worte, sie wolle zeitlose Mode kreieren, die jede Frau tragen könne. Denn kurzlebigen Trends rennt sie dagegen keinesfalls hinterher.